Das 49. Fischerfest begann mit der für einen Freitagabend bahnbrechenden offiziellen Erkenntnis, daß auf "49" die "50" folgt. Wie schnell manche Leute etwas erkennen, ist frappant! Und Kant würde sich freuen, kam diese Induktion doch a priori. Die Pilsberatung hatte bei diesem vier Tage währenden Ereignis zwei Aufgaben zu erfüllen: 1. Den Pokal des Fischerstechers zu verteidigen und 2. dem Rest der Welt zu zeigen, wie so man feiert, daß kein Auge trocken bleibt. Jedoch der Reihe nach.

Eines der vielen Probleme mit den lokalen Unstetigkeiten der Erdanziehungskraft. Leidtragender hier: Dr. med. A. Reidow, Arzt aus LeidenschaftMan hatte mit diversen Schwierigkeiten zu kämpfen. So gab es phänomenale Naturereignisse, aus unerklärlichen Gründen traten in der ansonsten konstanten Erdanziehungskraft lokale Unstetigkeiten auf, daß die Hosen mehrerer Leute ständig zu Boden rutschten. Die Situation drohte stellenweise zu eskalieren, da die Betroffenen einfach keine rationale Erklärung dafür fanden. Jedoch traf man sich nicht zum Spaß. Der eigentliche Anlaß war nämlich das 3. Biersymposium, das notwendig wurde, weil das 4. Internationale Brandenburger Alkoholkolloquium zum Himmelfahrtstag diesen Jahres, das unter dem Motto "Exorbitant kruder Habitus als immanenter Kausalnexus entmythologisierter Götzenrituale der Postmoderne" stattfand, derart großes Interesse fand, daß diverse Themen bis heute noch nicht abschließend diskutiert werden konnten. Das Biersymposium knüpfte daher nahtlos an die große geistige Tradition des Alkoholkolloquiums und stand seinerseits unter dem Hauptthema: "Hermeneutische Dependenz ahistorischer Falsifizierung Marx´scher Dialektik als transzendente Bejahung abendländischer Werte". Auf dieser Basis fand ein drei Tage und Nächte währender hochintellektueller Disput statt, bei dem es nicht nur gelang, Zukunftsvisionen für eine wirtschaftlich gebeutelte Region zu finden, sondern bei der weiterhin nach der geistigen Erkenntnis gesucht wurde, die es möglich macht, die Welt in ihrer Komplexität zu verstehen.

Leider wurden diese Bemühungen jedoch ständig sabotiert, da man den Fehler machte, das Kongreßgelände von Zeit zu Zeit zu verlassen und diverse Veranstaltungen des zufällig zeitgleich stattfindenden Fischerfestes zu besuchen. Zum Beispiel die Kür der neuen Peitzer Teichnixe. Die ist diesmal nicht nur lecker anzusehen, sondern hat auch zur Abwechslung mal was im Kopf. Ganz im Gegensatz zur Moderatorin der Kür, Marion Hirche, ihres Zeichens geistiger Oberflächenkratzer der Niederlausitz mit eingetragenem Warenzeichen, jene Sorte Moderator also, die die Welt mit ihrer infantilen Sichtweise von der Hollywood-Schaukel aus bestaunt. Kostprobe: Sie fragte Simone (die Teichnixe) danach, ob sie schon vergeben sei, weil dies die Herrenwelt doch interessiere. Natürlich interessiert das die Herrenwelt, aber es bedarf keines Doktortitels in linearer Algebra für die richtige numerische Sequenz von eins und eins. Wer Simone sieht, der kann sich schon denken, daß sie nicht solo ist. Falls er denken kann. Es lebe der investigative Journalismus! Wer meinte, die Rekrutierung als Moderatorin sei nur ein bedauerlicher Ausrutscher gewesen, dem sei gesagt, daß uns diese Frau schon seit Jahren beim Fischerstechen die Laune verdirbt und in diesem Jahr sogar noch mehrere Veranstaltungen moderierte. Fürs nächste Jahr sollte man Helge Schneider engagieren, dann gibt es wenigstens für ein paar etwas zum Lachen.

Die Blumen stechen in See. Impressionistische Aufnahme des polnischen Actionkünstlers Miszario Parzadelski - wir nehmen an, der Name sagt Ihnen nichts.In der Hoffnung auf ein Wunder (schließlich war Gott Gast beim Biersymposium), ging man am Sonnabend zum Fischerstechen - ja, wirklich, diesmal gingen alle auf zwei Beinen. Zumindest auf dem Hinweg. Doch selbst Gottes Kraft ist nicht in der Lage, Marion Hirche am Reden zu hindern, also moderierte sie auch noch das Fischerstechen. Wenn eine talentierte junge Redakteurin vor einiger Zeit in einer sehr interessanten und völlig zu Unrecht als "rechtsextremistisch" gebrandmarkten Zeitung schrieb, daß Johannes Raus Physiognomie die ganze Ratlosigkeit einer politischen Klasse widerspiegele, so repräsentiert Marion Hirche die geistige Insolvenz der Bundesrepublik Deutschland. Allen Besuchern des Fischerfests, die nicht aus dieser Gegend sind, sei jedoch gesagt, daß die Lausitz über bessere Leute verfügt. Daß diese Sätze nicht nur substanzloses Gemecker sind, wird schon deutlich angesichts der Tatsache, daß es dem Co-Moderator, der diesmal offensichtlich erstmals weniger stark alkoholisiert als in den vergangenen Jahren zum Fischerstechen erschien, angesichts der Nichtigkeiten, die die "Chefmoderatorin" verbreitete, die Sprache verschlug. Wenn er denn etwas sagte, wirkte es neben der semantischen Schonkost von Frau H. wie die Aphorismen eines geistigen Giganten. Am Ende des Fischerstechens waren sich drei der zehn teilnehmenden Mannschaften darüber einig, daß man diesen Dünnbrettbohrer aus versehen ins Wasser stoßen wollte. Leider, leider, leider - die Taufe blieb aus. So dürfen wir uns schon heute bei dem Gedanken gruseln, daß wir auch nächstes Jahr wieder der freien Journalistin ausgeliefert sein werden. Apropos Ende des Fischerstechens - es kam dieses Jahr früher als sonst, nämlich schon in der zweiten Runde. Doch anders als sonst gab es diesmal nichts daran zu meckern - man unterlag einfach dem Besseren. Dafür wurde es im Finale um so spannender, weil sich die Stecher nicht einigen konnten, wer Sieger werden würde. Unzählige Male fuhren sie aneinander vorbei, ohne daß eine Entscheidung fiel. Schließlich gewann dann doch noch jemand und durfte sich über 50l Bier, von der Sonne schon zwei Stunden lang aufgewärmt und erst nach Hinweis der Pilsberatung ins Wasser und aus der Sonne gestellt, freuen. Die Mannschaft der Pilsberatung aber, die komplett als Blumen und als Gärtner verkleidet war, erfreute auf dem Nachhauseweg noch einige Zeit lang die Autofahrer, die den Kreisverkehr in Peitz durchfuhren, mit ihren farbenfrohen Blütenspielen und anderen Eskapaden.

Auf zur Amtsgartenschau in den Kreisverkehr Peitz: Ansichtskarte des FischerfestkommiteesIn Anlehnung des Referats „Unbeschwert erotisch tanzen ist Ausdruck von Lebensbejahung“, das Sir Pierre Lavendel zum 4. Alkoholkolloquium am Himmelfahrtstag diesen Jahres hielt, sagten enorm viele der Teilnehmer „JA!“ zum Leben beim anschließenden geselligen Teil. Der Rest des Tages wurde dann überwiegend damit verbracht, sich die Hosen wieder hochzuziehen, die immer noch andauernd zur Erde rutschten. Als jene dann endlich einigermaßen verschnürt waren und saßen, löste sich die Gesellschaft kurzzeitig auf, um, jeder auf eigenen Pfaden, die Abgründe menschlichen kulturellen Daseins in der Rummelabteilung des Fischerfestes zu erkunden. Hier bewies es sich, daß die Idee das Rummelgelände kreisförmig anzulegen auf Sand gebaut ist. Denn schon nach wenigen zurückgelegten Runden begannen einige der Kongreßteilnehmer infolge der Benommenheit des ständigen Kreislaufens heftig zu schwanken. Wieder andere verbrachten den Abend damit, daß sie Fremde verunsicherten, indem sie ihnen beispielsweise erzählten, sie wären Gynäkologen beim FBI. Gegen drei Uhr nachts startete dann der Höhepunkt des Biersymposiums: Während man auf dem Fischerfestgelände aus Rücksicht auf die Zusammenkunft der herausragendsten Köpfe unserer Zeit und ihre wichtige wissenschaftliche Mission beim Symposium die Musik abstellte, wurde sie auf im Kongreßzentrum der Pilsberatung erst richtig aufgedreht und dauerte so lange, bis die Autobatterie von Fausti so gut wie leer war.

Der letzte Tag diente dann der Auswertung der Forschungsarbeit, die an diesem für die metaphysische Erkenntnis so wichtigen Wochenende geleistet worden war. Dabei zeugten die dunklen Wolken am Horizont nicht nur vom nahenden Unheil eines tagelangen Regens und seiner bekannten traurigen Folgen, sondern auch davon, daß der endgültige Durchbruch in ein neues Weltverständnis wohl noch eine Weile auf sich warten lassen wird.

Gott

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